CONCOURS GÉNÉRAL DES LYCÉES – SESSION DE 2003
(Classes terminales ES, L et S)
Durée: 5 heures
L’usage de tout dictionnaire est interdit.
Auch an diesem Abend, dem Samstag vor Pfingsten (1), waren sie im Teater gewesen, das Ehepaar Huber hatte dann im Gasthaus genachtmahlt, und als sie zu Bette gingen, war der Ehegatte so gut aufgelegt gewesen, daß Anna bemerkte, ob er sie nicht vielleicht mit Frau Constantin verwechske, die heute die Hauptrolle gespielt und ihm so besonders gut gefallen habe.
Am nächsten Morgen begab er sich, wie es seine Sonntagsgewohnheit war, auf einen kleinen Ausflug, fuhr mit der Straßenbahn nach Sievering, wanderte auf den Dreimakstein, wo er einem guten Bekannten begegnete, mit ihm stehenblieb und über das schöbe Wetter plauderte, dann spazierte er allein hinab nach Neuwaldegg. Er überschritt eine kleine Brücke, wie er es schon hundert Mal vorher getan, die weite große Wiese mit prächtigen Baumgruppen lag vor ihm, die er weiß Gott wie oft gesehen, und sein Blick fiel von ungefär auf eine roh hölzerne Tafel, die an einem Baum genagelt war und auf der mit großen schwartzen Buchstaben, wie von Kinderhand geschrieben, das Wort ‘Park’ zu lesen stand. Er erinnerte sich nicht, diese Tafel jemals früher gesehen zu haben. Sie fiel ihm auf, aber er dachte gleich: daß sie immer dagewesen war, man sah es ihr an, daß es eine ganz alte Tafel war. Ja natürlich, dies war ein Park, niemand konnte daran zweifeln, der Schwarzenbergpark war es, Privatbesitz des böhmischen Fürstengeschlechts, aber dem Publikum seit Jahren freigegeben. Doch da stand nicht Schwarzenbergpark oder Privatbesitz, sondern komischerweise einfach: Park. Man sah doch, daß es ein Park war, niemand konnte daran zweiflen. Er unterschied sich nicht sonderlich von der Umgebung, er war nicht abgeschlossen, es gab kein Entrée, er stand nicht unter besonderen Gesetzen, es war Wald und Wiese und Wege und Bänke, jedenfalls war es ziemlich überflüssig, daß da eine Tafel hing, auf der das Wort ‘Park’ geschrieben stand.
Immerhin mußte es seinem Grund haben. Vielleicht gab es Leute, die nicht so sicher waren, wie er, daß das ein Par war. Vielleicht hielten sie es für ganz gewöhnlichen Wald an der Wiese, wie den Wald und die Wiesen, von denen er eben herunterkam. Denen mußte man es freilich in Erinnerung bringen, daß dies ein Park war. Ein schöner Park übrigens, herrlich – vielleicht gab es Leute, die es für ein Paradies gehalten hätten, wenn die Tafel dort nicht gehangen wäre. Haha, ein Paradies. Und da hätte vielleicht einer sich danach benommen – seine Kleider abgeworfen und öffentliches Ärgernis erregt. Wie sollte ich denn wissen, sagte er auf der Polizei, daß es nur ein Park war und nicht das Paradies. Nun konnte das nicht mehr passieren. Es war höchst vernünftig gewesen, die Tafel dorthin zu hängen. Er begegnete einem Paar, einem nicht mehr sehr jungen, wohlbeleibten Paar, und er lachte so laut, daß sie erschraken und ihn groß ansahen.
Arthur SCHNITZLER, Ich (Novelette), 1927
(1) Pfingsten: Pentecôte
I. TRADUCTION
« Er überschritt eine kleine Brücke… auf der das Wort ‘Park’ geschrieben stand. » (paragraphe 2, à partir de la deuxième phrase)
II. COMMENTAIRE
1. Inwiefern ist der Theaterbesuch am Samstag Abend entscheidend für Herrn Hubers Gemütszustand und für das Erlebnis am nächsten Morgen?
2. Wie vollzieht sich die Verwandlung des Herrn Huber (Etappen, Indizien,…)?
3. Analysieren Sie du Verwandlung der bisher vertrauten Umgebung. Untersuchen Sie dabei die symbolische Bedeutung von Baumgruppen, Park und Paradies.
4. Wie gelingt es Schnitzler, das erzählte Erlebnis humorvoll darzustellen?
5. Bedeutet die Begegnung von Phantasie und Wirklichkeit, von Wahnsinn und Vernunft das Ende eines gut geregelten Lebens, oder eine Anregung zur schöpferischen Tätigkeit?